Lübecker Archäologie entdeckt im Kolk das bislang älteste Backsteinhaus der Hansestadt

Die Lübecker Archäologie entdeckt das bislang älteste Haus Lübecks: Die Baugrube musste damals gegen den Hangdruck von St. Petri mit schweren Eichenholzbohlen und großen Pfosten ausgesteift werden, die am Boden der Grube hervorragen. Sie datieren in die 1170er Jahre und somit zeitgleich zum Bau der St. Petrikirche. © Hansestadt Lübeck

Im Zuge des Projektes „Räume für Theaterfiguren im Kolk“ laufen bauparallele archäologische Ausgrabungen. Diese haben in den letzten Monaten erstaunliche und beeindruckende neue Aspekte zur historischen Stadtentwicklung des unterhalb von St. Petri befindlichen Gebietes in und um die Räumlichkeiten des ehemaligen TheaterFigurenMuseums erbracht. Nach den fantastischen Ergebnissen der Großgrabung im nördlich anschließenden Gründungsviertel sind nun im Kolk weitere historische Mosaiksteine entdeckt und dokumentiert, deren Erforschung die frühe Stadt Lübeck in ihrer Struktur noch genauer erkennen lassen.

Ein genaueres Bild der frühen Stadt Lübeck

So reichte beispielsweise die Trave in ihrem Lauf ursprünglich näher an den Kolk heran, der sich steil aus diesem Flussbett heraus erhob. Das natürliche Gelände fiel hier auf kurzer Strecke um mehrere Meter bis weit unter Normalnull und wurde im Laufe des Mittelalters nach und nach befestigt. Es wurde mit Siedlungsabfall aus der Stadt aufgeschüttet und somit trockengelegt. Der Kolk war im Mittelalter eine mit Holz befestigte Straße, in der ein kleiner Graben das Regenwasser des Petrihanges ableitete. Diese alte Straße lag fast zwei Meter unterhalb des heutigen Kopfsteinpflasters.

Ein turmartiges Haus auf einem Fundament aus Findlingen

Im Kolk stand das bislang älteste nachgewiesene große Gebäude, dessen massive Reste noch immer im und unterhalb des Kellers des ehemaligen TheaterFigurenMuseums zu finden sind.
Damit so knapp vor dem Hügel, auf dem um 1170 die St. Petrikirche gebaut wurde, das große Gebäude, das Archäologen als Steinwerk – ein gedrungenes turmartiges Gebäude – bezeichnen, nicht in die Trave rutschte, wurde es auf enormen Findlingslagen errichtet, die den Druck des Hanges ausgleichen sollten. Jedoch konnten die Archäologen bei den aktuellen Arbeiten nachweisen, dass auch diese massive Fundamentierung eine Absenkung des gesamten Steinwerks von bis zu 80 cm in Richtung der Trave nicht verhindern konnte.
Ursprünglich war das, was heute der Keller ist, das Erdgeschoss. Das Straßenniveau wurde erst in viel jüngerer Zeit erhöht. Von der Traveseite her war das Gebäude, ebenerdig durch einen großen Torbogen zu begehen. Das in Resten erhaltene Steinwerk hat immer noch einen Grundriss von 10,5 x 9 m mit einer Mauerstärke von eineinhalb Metern. Es ist gut möglich, dass die heutige Höhe des Hauses Kolk 14 auch in etwa der des Ursprungsbaus entsprach. Wenn man sich dazu noch das heutige Kellergeschoss als Erdgeschoss vorstellt, wirkt es tatsächlich wie ein großer massiver Turmbau.

Ältestes Backsteinhaus Lübecks wird auf 1170er Jahre datiert – eines der ältesten Häuser Nordeuropas

Das aus kleinformatigen und nur 7 cm hohen Backsteinen errichtete Gebäude kann durch die Altersbestimmung von Holzpfosten und -bohlen, die zur Aussteifung der Baugrube eingebaut wurden, auf dieselbe Zeit wie die Errichtung der St. Petrikirche datiert werden, also in die 1170er Jahre. Es ist somit das älteste massive Backsteinhaus der Hansestadt und eines der ältesten Nordeuropas. Die große Sorgfalt, die die umfangreichen und sehr qualitätvollen Steinsetzungsarbeiten erkennen lassen, aber auch die Verwendung von Zierelementen wie ein ehemals wohl umlaufender Absatz aus abgeschrägten Formsteinen und abgerundete Bogensteine belegen, dass es sich bereits zur Erbauung um ein besonderes Gebäude handelte. Möglicherweise war es ein frühes Kontor eines Adeligen oder reichen Kaufmanns direkt an der Trave oder es stand bereits mit der oberhalb im Bau befindlichen Kirche in Verbindung.
Aus den erhaltenen Schriftquellen des Stadtarchives ist zum Jahr 1287 ein Gerhard de Kolke benannt – möglicherweise der Priester von St. Petri im späten 13. Jahrhundert. Wenig später wird das als „Priesterhaus“ bezeichnete Gebäude verkauft und heißt dann um 1334 nur noch das Haus „Tu deme Kolke“. Die Ausgrabungen und die weitere Erforschung der Mauern, die am Ort erhalten bleiben, dauern noch an und werden möglicherweise in der nahen Zukunft noch weitere Aufschlüsse ergeben.