Leonce und Lena
oder: Von der Kunst, ein Narr zu werden!
„Heiraten? König werden?“ Auf keinen Fall! – Der junge Prinz Leonce durchschaut die Gesellschaft, in die er hineinwachsen soll: nichts als raffinierte Müßiggänger! Auf keinen Fall! Es liegt auf der Hand: Nur als Narr kann man der Narrheit der Welt begegnen.
Leonce und Valerio wollen keine nützlichen Mitglieder der Gesellschaft werden, auch Prinzessin Lena nicht! Auf ihrer Flucht begegnen sich die jungen Leute, die mit nüchternem Blick die Welt durchschauen, aber närrisch genug sind, Utopien zu haben. Hochvirtuos und berührend spürt die Inszenierung mit kabarettistischen Schlenkern, Livemusik, mit mal grotesken, mal ausgefeilten Lindenholzfiguren der Liebeskomödie und dem Gedankenkosmos von Büchner nach.
"Das Lustspiel bildet zwar die Basis des Abends, aber die Inszenierung leistet sich immer wieder Schlenker in die kabarettistische Politik, ins Metatheater, manchmal auch in den höheren Blödsinn. Und auch wenn formal die Grenzen des Puppentheaters nie überschritten werden, dehnt Puppenbauer Jürgen Maaßen diese Grenzen weit. […] Der Abend erfüllt einerseits alles, was man sich von Büchners subversivem Lustspiel wünscht, Romantik, Fantasie, auch einen erfrischen nonchalanten Umgang mit Pflichten und Zwängen. Aber gleichzeitig ist er verschattet, dunkel und böse. Dass das Spiel und die Marionetten hochvirtuos sind, tut sein Übriges, mehr kann man sich eigentlich nicht von zeitgenössischem Puppentheater wünschen.“
Können abhängige, unterdrückte, fremdgesteuerte Menschen überhaupt Akte der Freiheit begehen? Büchner hat für die Determiniertheit des Menschen gerne die Metapher der Marionette benutzt: „Puppen sind wir, von unbekannten Gewalten am Draht gezogen.“ Die Theaterform der Marionette drängt sich also geradezu auf, um Büchner auf der Bühne zu verhandeln. Denn auch die scheinbar gänzlich determinierte Marionette vermag Dinge, die wir ihr nicht zugetraut hätten. „Der Einzelne nur Schaum auf der Welle“, schreibt Büchner , „die Herrschaft des Genies ein Puppenspiel.“ – Also spielen wir, um Büchner in unsere Zeit zu bringen. Zwischenspiele aus Briefen und anderen Dokumenten zeigen Momente aus Büchners kurzem Leben und werfen Schlaglichter auf die Umstände der Stückentstehung. Ein lebensgroßer Geier, gebildet aus Fesseln und Stricken, betrachtet unablässig das Geschehen auf der Bühne. Wird er satt werden am Ende des Stücks? Wir werden es sehen.
- Szenografie
- Jürgen Maaßen
- Textfassung
- Stephan Wunsch, frei nach Georg Büchner
- Programmheft
- Vera Wunsch