Das gibt es, das ist möglich.
Das war völlig unerwartet, als wir das Stück zum ersten Mal sahen. Von den flunker produktionen: „Vollpfosten“, eine Fußballmannschaft, Zusammenhalt, Spott, eine große Hilflosigkeit und eine richtige Freundschaft – kurzum: eine grandiose Fußballstory mit 16 Puppen, einem Spieler und einem dreifachen Fußball.
Was der Spieler Matthias Ludwig im weiß-blauen Trikot da erzählt, spielt, ist eine ganz eigene rührende Geschichte zwischen fußballbegeisterten Kindern, die zunächst in einer Mannschaft spielen und dann, neu aufgeteilt, auch gegeneinander. Das ist ja schon sowieso eine zwischenmenschliche Herausforderung.
Torwart Mütze und die Starstürmerin Molle mögen sich doch auch noch sehr
Molle und Mütze in verschiedenen Mannschaften?? Und Mütze ist gerade einigermaßen nach einem Unfall genesen. Er war bei einem Hechtsprung zum Ball gegen den Pfosten des Fußballtores geknallt, lag lange im Krankenhaus gefolgt von Reha – und ist im Gehirn nicht mehr auf der Höhe: Vollpfosten eben. Trotzdem, auch wenn ihn alle mit seinem Dachschaden immer wieder verspotten und loswerden wollen, Molle hält doch zu ihm. Er trainiert so lange, bis er wieder ins Tor kann, und dann ist Molle in der gegnerischen Mannschaft und braucht Tore, damit sie in die höhere Liga aufsteigen kann …
Die Jungs sehen aus wie abgespielte Kinderzimmerpuppenfernsehstars, bunt und verrückt, schlabberig; Mütze sieht manchmal aus wie sein Spieler, der immer zu ihm hält, der sich bei ihm für die schmerzhafte Vollpfostenunfallszene, die nun einmal gespielt werden muss, weil sie zu der Geschichte gehört, entschuldigt. Das ist auch der Spieler, der Mütze am Anfang als Schauspieler spielt, dass es einem schaurig über den Rücken läuft, wenn man langsam begreift, dass etwas passiert sein muss …
Und der dreifache Fußball ist die heimliche Hauptrolle
Die heimliche Hauptrolle, die, die nichts sagt, um die es sich die ganze Zeit dreht und ohne die nichts geht – die, die es in fast jedem Puppentheaterstück gibt – ist hier der Fußball! Der ist mal klein und lustig, quirlig, dann auch so groß wie die Kinder, Diskussionsgegenstand, Strategieobjekt; er kann aber auch riesengroß sein, fast nicht zu bewältigen für Mütze, die Puppe, und Mütze, den Schauspieler. Er ist nicht zu übersehen und bedeutet scheinbar alles in dieser Inszenierung. Die Freundschaft zwischen Molle und Mütze kann er aber doch nicht zerrollen, zerdrücken, egal, was er tut, wie ihm geschieht, wohin er rollt.
Claudia Engel hat die schräge Crew zusammengestellt, Molle und Mütze gebaut und das Bühnenbild zu dem ganzen Stück. Nina Stammer die verschiedenen Trokots genäht. In Lübeck lief es in der Reihe „Junges Figurentheater“ im Juli 2016.