An keinem anderen Ort wird die Transformation von Artefakt zu Museumsobjekt so wahrnehmbar wie in den Depots der Museen. Abgetrennt von ihrer ursprünglichen Funktion und Bedeutung, zusammengetragen aus den unterschiedlichsten Zusammenhängen durchlaufen die Artefakte als neu erworbene ‚Sammlungsstücke’ zwischen Eintreffen und Magazinierung einen umfangreichen Prozess des Ordnens und Systematisierens.
Waren es einst die hand- oder maschinegeschriebenen Inventarkarten, auf denen alle vorhandenen bzw. die vermeintlich wichtigen Informationen zusammengetragen wurden, so sind es heute meist Datenbanken, in denen ‚das Wissen über die Objekte‘ aufgezeichnet, strukturiert, gespeichert und verwaltet wird, möglichst unter der Verwendung von standardisiertem, sogenanntem ‚kontrolliertem‘ Vokabular.
Doch wer ‚kontrolliert‘ die Informationen, die generiert, dokumentiert und archiviert wurden und werden? Wer bestimmt die Zuordnung der Objekte, beispielsweise zu einer bestimmten Region, Zeit, Spielform, einem bestimmten Stück, zu SpielerInnen oder KünstlerInnen? Was, wenn die Versatzstücke immaterieller Kultur die gängigen Wortlisten, Systematiken, Typologien und Thesauri sprengen? Was wenn die Objekte nicht klassifizierbar, wenn ursprüngliche Funktionen und Bedeutungen nicht aufzuschlüsseln sind? (weil Bedeutungs- und Gebrauchskontexte aus den jeweiligen ‚Herkunftsgemeinschaften’ nicht ‚gedeutet‘ werden können?)
Die Depots der Museen sind nicht nur Aufbewahrungsorte von Gegenständen. Sie sind Speicherorte von kulturellem Erbe. Das ‚gespeicherte Wissen‘ muss immer wieder aufs Neue hinterfragt und gemeinsam mit den jeweiligen ExpertInnen neu verhandelt werden. Nur so können weitere Zugänge ermöglicht und vielfältige Wissensräume erschlossen werden - und somit eine, wie bereits 2008 von Nina Simon in ihrem Buch The Participatory Museum geforderte Transformation der Museen vom ‚content provider‘ hin zum ‚platform provider‘ gelingen.