In der dunklen Jahreszeit gab es im TheaterFigurenMuseum Lübeck ein ganz besonderes Angebot: nur im Licht von Taschenlampen führte der Schauspieler durch die dunkle Ausstellung und erzählte Märchen aus den Ländern, aus denen unsere Figuren stammen. Im November haben wir Achim Brock wieder getroffen:
TheaterFigurenMuseum (TFM): Es ist schon 3 Jahre her, dass Du als Aladin unsere Gäste im Taschenlampenlicht zum letzten Mal durch unser Museum geführt hast. Wie geht es dir, und an welchem Projekt kannst du in der momentanen Corona-Pandemie überhaupt arbeiten?
Achim Brock: Es geht mir gut! Doch diese Zeit ist schon sehr eigenartig und gerade für freiberuflich arbeitende Künstler, wie mich. Normalerweise lerne ich jetzt Texte oder erarbeitete mit meiner Frau, Heide, neue Stücke. In dieser Jahreszeit kommen sonst die Angebote rein, die Termine, die für November, Dezember, Januar - das ist unsere Hauptsaison - geplant wurden, fallen jetzt flach!
Es gibt ein paar kleine Ausnahmen, die es trotzdem wagen und planen. Statt mit hundert Zuschauern, dann mit vielleicht zwanzig oder dreißig Zuschauern. Das finde ich aber okay. Hauptsache, man kann spielen. Denn, das muss ich sagen, das Spielen fehlt!
Wohin mit der Spielenergie, wenn man nicht spielen kann?
TFM: Es ist sogar schon knapp sechs Jahre her, aber gewiss erinnerst Du Dich: Wie war Dein erster Besuch bei uns im Herbst 2014 für Dich?
Achim Brock: Ich erinnere mich sehr gut daran! Dieses alte TheaterFigurenMuseum liebte ich von Anfang an. Ich genoss diese Atmosphäre so sehr! Lübeck ist ja schon schön! Aber im TheaterFigurenMuseum vorne im kleinen Café, mit der Kasse, mit diesen wunderbaren Figuren und diese Laterna Magica, die oben hing, das alles faszinierte mich! Da fühlte ich mich richtig geborgen. Das sage ich wirklich nicht so daher! Ich habe es in bester Erinnerung.
TFM: Kanntest Du das TheaterFigurenMuseum Lübeck schon vorher?
Achim Brock: Ich kannte es nur vom Namen her. Ich wohnte der Liebe wegen vorher als Hamburger in Düsseldorf. Im Norden war ich dann nicht in Lübeck, sondern höchstens noch in Hamburg. Aber als ich es kennenlernen durfte, war ich begeistert! Vorher hatte ich nur davon gehört, man hatte mir davon erzählt, dass das Museum sehr sehenswert sei. Als es sich ergab, dass ich im TheaterFigurenMuseum spielen konnte, war das sehr schön!
TFM: Du hast Märchen aus den Ländern, aus denen unsere Figuren stammen, frei erzählt. Nach welchen Kriterien hast Du die Märchen, die Du vorgetragen hast, ausgewählt?
Achim Brock: Ich suchte sie nach den Ländern aus. Zum Beispiel las ich türkische Märchen, indische Märchen oder indische Sagen, afrikanische Märchen und chinesische Märchen. Ich las so einige Bücher! Und ließ die Märchen einfach, so wie ich stets arbeite, wenn ich Erzähltheater mache, auf mich wirken. Ich nahm den Inhalt in mich auf und repetierte sie oft nachts. Manchmal träumte ich davon und dann merkte ich irgendwann, welche die richtige Geschichte ist! Erst dachte ich: „Gott nee lieber nicht! Die ist zu brutal!“. Bei manchen afrikanischen Märchen geht es mitunter auch recht heftig zu. Auch in der Tierwelt! Ich bin sehr tierlieb und wenn dann der Affe von Hyäne gefressen wird… Aber irgendwie dachte ich mir, so ist aber auch die Natur und die Geschichte ist toll! Wie die Hyäne bestraft wird, zu Kreuze kriecht und wieder brav wird, also dann spürte ich, das ist das richtige Märchen, weil es in mir arbeitete, und ich wusste, dass ich es erzählen kann.
TFM: Du wirst das „Märchenbuch auf zwei Beinen“ genannt… Welchen Wert haben Märchen für Dich?
Achim Brock: Ich muss sagen, Märchen haben einen ganz großen Wert für mich. Also Märchen haben mich mein ganzes Leben zwar nicht verfolgt, aber sie sind mir gefolgt!
Schauspieler wurde ich deswegen, weil meine Mama immer mit mir in Hamburg in das Weihnachtsmärchen ging. Ich glaube, ich war drei oder vier Jahre alt, als wir Schneewittchen sahen. Schneewittchen fand ich so schön mit seinen schwarzen Haaren. Ich wusste, wenn ich groß bin, dann bin ich der Prinz!
Ich glaube, das bewirkte, weshalb ich Schauspieler geworden bin.
Dann auch die Hochzeit mit meiner Frau im Standesamt von Wolfenbüttel während zweier Märchenvorstellungen von Dornröschen. Ich spielte den Küchenjungen, den Hans, der die Ohrfeige kriegt. Unsere Trauzeugen waren im Kostüm des Königs und der Königin. Und während der zweiten Vorstellung von Dornröschen, sagte plötzlich der König: „Unser Küchenjunge hat heute geheiratet!“ Das ganze Theater stand auf und alle applaudierten.
TFM: Das war ja eine Märchenhochzeit!
Achim Brock: Es sind immer Märchen! Mich begleiten immer Märchen und das macht aber auch großen Spaß!
Ich hatte im Sommer auch das große Glück, dass ich bei Planten un Blomen in Hamburg auftreten konnte, weil es im Freilichttheater war. Erzähltheater für Kinder und ich merkte einfach, was für eine große Sehnsucht die Kinder nach Märchen hatten. Es war toll, wie die Kinder mitgingen.
Märchen sind einfach so wichtig, weil sie die Fantasie wunderbar anregen. So spiele ich auch. Ich versuche, eine Vorstellung zu erwecken, die Fantasie anzuregen!
Wenn ich manchmal im Fernsehen Kindersendungen sehe, denke ich oft, die armen Kinder! Klar, auch Märchen haben ihre Gewalt, aber letztlich gewinnt doch auch immer das Gute!
TFM: Was können wir in unserer heutigen Zeit aus Märchen lernen?
Achim Brock: Ganz einfach: Menschlichkeit!
TFM: In welches der Länder, aus denen die Theaterfiguren sowie die Märchen stammten, möchtest Du gerne einmal reisen oder welches hast Du eventuell schon bereist?
Achim Brock: Ich war in der Türkei. Ich war in Afrika und leider nur in der Nähe von Indien. Also ich würde mir dann Indien aussuchen, weil ich das Land noch nicht kenne, und weil nach den Bildern, die ich von Indien gesehen habe, scheint es mir, wie ein Traum zu sein mit Palästen und seiner traumhaften Landschaft. Natürlich weiß ich auch um die Herausforderungen, die es in diesem Land gibt, aber Indien möchte ich gerne sehen.
TFM: Welche Figur bzw. welcher Charakter aus der Welt der Theaterfiguren gefällt Dir persönlich am besten?
Achim Brock: Das ist schwierig, zu sagen. Als Kind faszinierte mich immer der Kasper. Ich finde heute aber auch die tschechischen Figuren Hurvinek und Spejbl ganz süß. Aber ich finde eigentlich alle Figuren faszinierend. Wenn ich bei Euch im Museum war und im Dunkeln auf die Gäste der Taschenlampenführung wartete, konnte ich mir jede Figur ansehen. Jede Figur hat für mich einen Zauber!
TFM: Gibt es etwas, worum ein echter Schauspieler wie Du eine Theaterfigur beneidet? Was wäre das?
Achim Brock: Ich würde den Kasper beneiden, denn der kann alles machen! Dem nimmt man nichts übel! Und wenn er dem Teufel mit der Klatsche eins auf den Kopf haut. Er kann ernst sein, er kann witzig sein, er hat viel Hintergrund, von dem, was er von sich gibt. Er ist sehr wirklich und sehr clever!
TFM: Du hast das Publikum auf charmante Art und Weise in Deine Rolle als Aladin mit einbezogen. Gibt es eine Taschenlampenführung, die Dir besonders gefallen hat und in Erinnerung geblieben ist?
Achim Brock: Ich fand alle Taschenlampenführungen schön! Die Leute waren sehr, sehr offen und sehr zugewandt! Auch wenn es in den Räumen echt kalt war, war es toll! Die Kälte haben wir vergessen. Besonders schön war es, wenn Kinder mit dabei waren, weil diese dann auch so mitspielten und mitgingen. Ich würde sehr gerne wieder Märchen erzählen, wenn das Museum wieder öffnet.
Ganz herzlichen Dank für das Gespräch!
Schauen Sie gerne auch auf unsere Taschenlampenführung mit der Piratin Lidwina Wurth!