MAGIC FOREST – Puppetry and Videoart on stage

Projektbeschreibung von Silke Technau

Ist die unheimliche, aufregende Atmosphäre eines Waldes im internationalen Forschungsprojekt Magic Forest – Puppetry and Video art on Stage körperlich spürbar und sichtbar zu machen? Wie kann sich so eine Umgebung auf der Bühne aufbauen?

Eine ‚Nano‘-Welt entsteht, indem präzise Nahaufnahmen aus Naturfilmen auf Strukturen, Farben und Formen projiziert werden. Durch Einsatz von Videoprogrammen wandeln sich Blütenteppich, Nebel-, Regeneffekte, Blättergewisper, Mondschein, animistisch, romantisch gesehene Augen und Lebewesen. Bietet ein solcherart geschaffener Magic Forest ein gutes Vehikel oder stimmigen Background für Puppetry, welche Erzählungen lassen sich in dieser Kombination aus Puppetry and Video art generieren?

Im Zusammenspiel von asymmetrischen, in den Raum gestellten Gaze-Projektionsflächen, den Spielenden, den Objekten und Figuren erscheint der Magic Forest in der Bühne – illusionär, denn ebenso schnell, wie er digital ‚aufgebaut‘ werden kann, ‚verschwindet‘ er als digitales Traumbild wieder.

Szene aus dem Wald der Liebespaare (v.l.n.r Stephan Schlafke, Franziska Technau, Silke Technau, Mervyn Millar)

Was ergibt sich in der gemeinsamen Improvisation von Projektionen und Choreografien aus menschlichen Bewegungsstrukturen wie Tanz, Mime, Figurenspiel? Ziel ist die Entwicklung eines differenzierten Storyboards, sodass Videokünstler, Figuren-, Bühnen- und Kostümbildner eine präzise Handreichung bekommen für künstlerische Beiträge zur zukünftigen Inszenierung Magic Forest.

Die Zuschauer:innen erleben in Magic Forest sich gleichberechtigt unterstützende Bühnenkünste, die komplexe Erzählungen unserer Gratwanderung zwischen wissenschaftlicher Analyse und romantischer Träumerei, zwischen technischer Überraschung und animistischer Rezeption realisieren.

Magic Forest - Workshop-Gedanken Juni 2023

von Franziska Technau

Die Welt der (Mikro-)Kamera und die des Figurentheaters zusammenzubringen, war für mich von Anfang an spannendes Neuland. Haben wir schon mit einigen, auch bewegten, Projektionen in unseren Stücken gearbeitet, so ist es doch im Rahmen dieses Workshops für mich das erste Mal gewesen, das Figurenspiel zeitgleich mit projizierten Live-Aufnahmen zu erkunden.

Sehr spannend war die direkte Arbeit als Spielerin auf der Bühne mit dem unmittelbar erzeugten filmischen Bild auf Leinwänden hinter, über, neben mir oder um mich herum.

Besonders fasziniert hat mich dabei konkret die folgende Szene:

Silke Technau und ich spielten in der Mitte der Bühne mit winzigen Figuren/Elfen in einer lebendigen Topfpflanze. Stephan Schlafke filmte dies mit seiner Handykamera und das Bild wurde direkt in groß auf eine Leinwand links von uns projiziert. Wir Spieler:innen konnten also unser Spiel sowohl direkt als auch indirekt erleben.
Während des Spiels war es tatsächlich so, dass meine gesamte Konzentration auf meiner direkt geführten Figur lag. Ich schaute so gut wie nie auf die Leinwand.

Nanoworld in der Pflanze mit Projektion auf einen Screen (v.l.n.r. Franziska Technau, Stephan Schlafke, Silke Technau)

War ich allerdings in solch einer Szene Zuschauerin, so zog die Leinwand meine gesamte Aufmerksamkeit auf sich und nicht die direkte Aktion auf der Bühne. Bin ich aktiv, fließen meine volle Konzentration und Energie in mein Spiel. Bin ich passiv, werden meine Augen direkt zu dem bewegten filmischen Bild geleitet.

Elfenfigur im Strauch

Sehr interessant wurde es in dem Moment, als Mervyn Miller mit einer der Figuren aus der lebendigen Topfpflanze hinaussprang auf die filmische Abbildung dieser Pflanze auf der Leinwand. Es war ein kleiner Sprung (es lag ein knapper Meter zwischen Pflanze und Leinwand) mit einer immensen Wirkung: meine ganze Wahrnehmung wurde gefordert, um sämtliche Informationen zu verarbeiten. Es war das Ende der kleinen Szene in der Pflanze durch das Öffnen ebendieser auf die Leinwand. Also ein Sprung aus dem Mikrouniversum hinein in die große Bühne, die sowohl die direkt geführte Figur, die Spieler:innen und das projizierte Live-Bild der in der Mitte thronenden Pflanze zu einem großen Bild vereint.brAll diese Fragmente müssen im Kopf der Zuschauer:innen zusammengefügt werden und lassen sehr viel Spielraum im Entstehen eigener Gedanken und Bilder dazu!

Die Forschungen bilden die Grundlage für die Produktion "Magic Forest", die 2024 produziert wird und 2025 im neu eröffneten Haus KOLK 17 Figurentheater & Museum uraufgeführt werden soll. Diese Produktion wird dann im Rahmen des Repertoires vom KOBALT Figurentheater Lübeck im Spielort KOLK 17 langfristig zu sehen sein.

Dokumentation Magic Forest © KOBALT Figurentheater Lübeck

Mervyn Millar, London, Regisseur, Figuren-, Bühnenbildner www.significantobject.com

Michaela Bartonova, Prag, freie Künstlerin, live Design/iPad www.tineola.cz

Alexander Hector, Berlin, Filmemacher www.alexanderhector.com

Karsten Wiesel, Flensburg, Filmemacher www.karstenwiesel.de

Silke Technau/Stephan Schlafke/Franziska Technau, Puppenspieler:innen www.kobalt-luebeck.de

Anja Kosanke, Bühnenmeisterin und Puppenspielerin

Kira Kemp, Figurenbildnerin

Produktion:

KOBALT Figurentheater Lübeck im Rahmen von

und gefördert durch die institutionelle Förderung des Landes Schleswig Holstein.