Die Definition von SPECTRUM, dem international anerkannten Fachstandard für die Dokumentationspraxis, lautet:
“Das Zusammenstellen und die Pflege von Grundinformationen, die Objekte beschreiben und formal identifizieren. Dies kann Informationen betreffs der Herkunft der Objekte enthalten und auch aus der Sammlungsverwaltung, wie z. B. Detailangaben der Erwerbung, der Restaurierung, Ausstellungs- und Leihgabenverlauf und Standorte. Sie muss nicht notwendigerweise alles, was über ein Objekt bekannt ist, an einer Stelle zusammenführen, sollte aber Verweise enthalten zu allen anderen relevanten Informationsquellen, die der Institution bekannt sind.”
SPECTRUM 3.1: The UK Museum Documentation Standard (deutsche erweiterte Fassung), 2013
Kurz gesagt: hier wird alles festgehalten, was man nur irgendwie über unsere Objekte wissen kann – und diese Informationen sind für ein Museum ein riesiger Schatz.
Bei uns im KOLK 17 Figurentheater & Museum Lübeck gliedert sich die Inventarisierung/Katalogisierung in 3 Bereiche: In die Grunderfassung, die wissenschaftliche Bearbeitung und die ausführliche Zustandsbeschreibung.
In unserer Grunderfassung nehmen wir die offensichtlichsten und messbaren Kriterien eines Objekts stichwortartig auf. Zum Beispiel um welchen Objekttyp es sich handelt, seine Maße, aus welchen Materialien es sich zusammensetzt, welche Gestaltungstechnik angewandt wurde und ob das Objekt stark, wenig oder gar nicht beschädigt ist. Dazu gehört auch, dass das Objekt von allen Seiten fotografiert wird. Darüber wurde ja schon vor einigen Wochen in unserem Beitrag über die fotografische Objektdokumentation berichtet. Bei dieser ersten Erfassung erhält jedes Objekt eine eigene Inventarnummer und einen fest zugewiesenen Standort bei uns im Depot.
Die wissenschaftliche Bearbeitung umfasst grob gesagt die Erforschung und Dokumentation der Objektgeschichte und die Beschreibung der Objekte.
Dabei geht es z.B. um die Art und das Datum des Erwerbs, die Herkunft des Objekts, die ausführliche physische Beschreibung dessen, das Alter, vorhandene Inschriften usw. Das ist – wie der Name schon sagt – eine Wissenschaft für sich!
Die ausführliche Zustandsbeschreibung eines Objekts ist eine fotografische und schriftliche Dokumentation des jeweils aktuellen Material- und Gesamtzustandes. Das kann bei unseren Objekten, die häufig aus sehr vielen verschieden Materialien wie Holz, Farbe, Haar, Textilien, Metall etc. bestehen, sehr umfangreich ausfallen. Deshalb nutzen wir immer die Gelegenheit, wenn wir die Objekte z.B. für eine Ausstellung vorbereiten, und nehmen sie dann richtiggehend unter die Lupe.
Diesen Schatz an Informationen, den wir hier also zusammentragen, müssen wir natürlich auch irgendwo aufbewahren: Früher wurden all diese Informationen in Inventarbüchern, auf Inventarlisten und Dokumenten notiert und in Akten und Archiven verwahrt.
Heute arbeiten wir mit einer elektronischen Datenbank, die vieles miteinander vereint.
Was früher Inventarbücher und -listen waren, sind heute sogenannte Masken und elektronische Registerkarten mit vielen verschiedenen Feldern für unsere Einträge.
Themeninhalte von Akten und Archiven speichern wir jetzt in Modulen. Zum Beispiel für die Sammlung, Ausstellungen, Literatur, Restaurierung und einiges mehr. Und so können wir auf engstem Raum alle Informationen mit unseren Objekten verbinden. Zum Beispiel in welcher Ausstellung es einmal gewesen ist, welche Literatur es darüber gibt, wer dieses Objekt einmal hergestellt hat und wo es sich zurzeit bei uns in welchem Zustand befindet.
In der Kopfleiste sichtbar einige der Module, zuvorderst das Modul Sammlung. Auf der Symbolleiste unter dem ersten Drittel des Fensters sind links die verschiedenen Register zu sehen. Zuvorderst die Registerkarte Grunddaten. Rechts unter dem Foto sieht man auf der Leiste die Symbole für Funktionen, wie z.B. Verknüpfungen zu den anderen Modulen.
Neben den unendlichen Möglichkeiten einer elektronischen Datenbank stehen wir auch vor vielerlei Herausforderungen.
So müssen wir z.B. die Registerkarten, Felder und Benennungen teilweise an die Begrifflichkeiten und Anforderungen unserer Sammlung anpassen. Denn das Thema Figurentheater ist in der Welt der Inventarisierung und Katalogisierung noch gar nicht so richtig bearbeitet worden. Wie nennt man denn nun korrekt und wissenschaftlich genau eine solche riesige Figur an Eisenstangen aus Sizilien – “sizilianische Schlenkermarionette”? “Figur aus der Opera dei pupi”? Oder ist es vielleicht einfach eine “Marionette”, auch wenn sie nicht an Fäden gespielt wird? Solche Fragen sind sehr wichtig, denn wir wollen unsere Sammlung irgendwann auch online international zugänglich machen, und da muss unser Vokabular schon sitzen!
Sehr interessant beschrieben – Wahnsinn, was da alles anfällt und erledigt werden muss!